Filderstadt, Oktober 2009

16.9.2010 – 16:4 Uhr
von Mihai Balan

Am Montag den 26.10. meldeten sich beim EVW ausländische Saisonarbeitskräfte, die in Filderstadt bei einem landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt waren. Sie klagten zunächst über offene Lohnansprüche. Im Zuge des Gesprächs kamen immer Details ans Licht und es wurden immer weitere Unregelmäßigkeiten zum Thema gemacht. Im Folgenden eine kleine Dokumentation dieses „modernen“ Arbeitsverhältnisses. Die fast ausschließlich rumänisch-stämmigen Saisonarbeiter klagten über offene Lohnansprüche und über eine falsche Abrechnung ihrer Arbeitszeiten. Der Landwirt habe ihnen die vielen Überstunden zwar als Stunden vergütet, nicht jedoch als Überstunden.

Die Arbeiter fühlten sich betrogen und um ihr Geld gebracht, „schließlich ist es bis hierher immer so gewesen, dass Überstunden ein wenig besser bezahlt werden“, so einer der Arbeiter. Viele kannten den Bauern bereits aus vergangenen Tagen und waren nicht das erste Mal als Saisonarbeiter auf dessen Feldern. Es kam zum Eklat, als sich der Landwirt auch nach vielfachen Anfragen weigerte seinen Arbeitern ihren monatlichen Lohnnachweis auszuhändigen. Die Arbeiter vermuteten, dass ihr Arbeitgeber die Überstunden überhaupt nicht angegeben hatte und dass er sich auf diese Weise einen Extraprofit sichern wollte. Sie schilderten uns außerdem, dass die Arbeitsschichten von 6:30 bis 20:00 Uhr andauerten und dass die tägliche Pause dabei nur eine Stunde betrug. Sie ackerten also hart und litten auch unter einer recht hohen Arbeitsbelastung. Da Pausenräume fehlten, mussten sie ihre Pause zudem draußen verbringen. Und wenn es dann auf den Feierabend zuging, kam so richtig auch keine Freude auf. Die Unterbringung der Tiere war kaum zu unterschieden von dem, was der Bauer seinen Saisoniers anzubieten hatte: Zu Fünfzehnt musste man sich ein WC und eine Dusche teilen, eine geschlechtsspezifische Aufteilung des Sanitärbereichs gab es nicht. Die Beschäftigten stellten ihrem Chef ein Ultimatum und forderten die Aushändigung der Lohnabrechnungen sowie die volle Bezahlung für die geleisteten Arbeitsstunden. Der Bauer blieb allerdings knochenhart und sperrte sich. Vielmehr drohte er allen Beteiligten mit einer fristlosen Kündigung. Daraufhin langte es den Arbeitern endgültig. Sie wandten sich an die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und trugen ihre Version der Geschehnisse dort vor. Die Mitarbeiter der FKS kontrollierten daraufhin den Betriebsinhaber, der ohne viel Wind den Forderungen der Arbeiter nachkam und fehlende Lohnansprüche auszahlte. Die Belegschaft kündigte ihrem Arbeitgeber und organisierte den Bus nach Rumänien. „Nie wieder werde ich für diesen Menschen arbeiten – auf gar keinen Fall“, so die letzten Worte eines der hier erwähnten Arbeiter. Das Ermittlungsverfahren gegen den Landwirt läuft noch und soll demnächst zu einem Abschluss kommen. Wir vom EVW können nur hoffen, dass die Zentrale Vermittlungsstelle des Bundesamtes für Arbeit und der Gewerbeaufsicht bei solchen Arbeitgebern in Zukunft genauer hinsehen. Denn auch wenn neo-liberale Phrasendrescher das Gegenteil behaupten mögen, so braucht es in der Agrar- wie in der Baubranche mehr Kontrolleure, die dann auch in der Lage wären, die vielen kleinen und großen Betrieben systematisch zu durchkämmen.