Willig und billig: Scheinselbständige auf den Baustellen – Scheinselbständigkeit – volles Risiko für Wanderarbeiter

10.4.2007 – 11:46 Uhr
von M. Kirchner

Ob eine Bau-Aktiengesellschaft mit einer deutschen Baufirma einen Werkvertrag abschließt, damit dieser Sub die Rohbauarbeiten z.B. für ein Altersheim macht? Natürlich tut sie das. Wobei eher ungewöhnlich ist, dass ein solcher Generalunternehmer einen deutschen Sub sucht und nicht einen polnischen, ungarischen oder rumänischen. Verwundern sollte aber doch, dass dieser Sub – in diesem Falle der Züblin AG – keine eigenen Arbeitnehmer hat. Und trotzdem werkelten auf der bewussten Baustelle Arbeiter, zwölf an der Zahl, und sie kamen aus Polen.

10Nachdem sie sich von ihrem Auftraggeber, dem Züblin-Sub Kreinz Bauunternehmen, um Lohn betrogen sahen (sie hatten per Verträge, die dem EVW vorliegen, 8 Euro pro Stunde netto zugesagt bekommen), begehrten sie auf. Es stellte sich heraus, dass sie als „Polnische GbR“ angeblich Selbständige waren. In Wirklichkeit arbeiteten sie aber nach ihren eigenen Angaben, die sie auch gegenüber der Finanzkontrolle Schwarzarbeit bestätigten, als Arbeitnehmer und erfüllten nicht ein einziges Kriterium, das auf selbständige Unternehmer zutrifft. Züblin mag bisher nicht einsehen, dass die Polen auf ihrer Baustelle unter illegalen Bedingungen beschäftigt waren; der Versuch des EVW, Züblin zu einer außergerichtlichen Vergleichsvereinbarung zu bewegen, misslang und mündet nun in ein gerichtliches Verfahren. Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft Tübingen gegen Kreinz. Inzwischen hat Züblin auf der Baustelle einen neuen deutschen Sub, dessen bisheriger Geschäftsführer – so berichtet der Südwestfunk – sich vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht Stuttgart wegen 38 Vergehen, die ihm vorgeworfen werden, verantworten muss. Alles in bester Ordnung, oder? Ähnlich erging es den „Uma Strnad-Polen“ in Stuttgart-Deger-loch. Unter ominösen Bedingungen in Polen für Bauarbeiten in Deutschland angeworben, unterschrieben sie in einer Stuttgarter Tankstelle Papiere, nämlich Gewerbeanmeldungen, die sie nicht verstehen konnten. Sodann wurden sie von der Stuttgarter Baufirma Uma Strnad auf Baustellen vor Ort eingesetzt. Geld bekamen sie herzlich wenig. Mindestlohnansprüche machte der EVW gegen die Stuttgarter Firma, gegen die die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt, geltend. Nunmehr werden Klagen fällig, nachdem eine außergerichtliche Lösung bisher nicht gelang.